Referent Martin Weyand im Interview
Im Vorfeld zur gat | wat 2021 haben wir mit Martin Weyand (Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, BDEW e.V.) über die Umsetzung der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie gesprochen.
Herr Weyand hält einen Vortrag zum Thema: „Umsetzung der Richtlinie im Hinblick auf die
wirtschaftlichen Veröffentlichungspflichten“ am 24. November 2021 um 11:00 Uhr.
Im Dezember 2020 wurde die neue EU-Trinkwasserrichtlinie verabschiedet. Welche wesentlichen Ziele verfolgt die Europäische Gemeinschaft mit dieser Richtlinie?
Die Europäische Gemeinschaft verfolgt mit der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie das Ziel einer Verbesserung der Trinkwasserqualität und die Sicherung der Wasserversorgung. Erstmals erfolgt eine Verknüpfung mit der Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz der Trinkwasserressourcen.
Bis zum 21. Januar 2023 muss die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Wie beurteilen Sie die Zuständigkeiten und die Praxistauglichkeit in der Umsetzung?
Der BDEW ist im Gespräch mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), dem Umweltbundesamt (UBA) und den Ländern, die eine Umsetzung der ambitionierten Richtlinie in deutsches Recht vorbereiten. Ziele des BDEW sind, die Verantwortlichkeiten klar zu definieren, nationale Alleingänge zu vermeiden und eine nachhaltige 1:1-Umsetzung in der Praxis für die Wasserversorger, insbesondere die KMU, sicherzustellen.
Welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich durch die Umsetzung der Richtlinie für Wasserversorger und Verbraucher?
Durch die Förderung des Trinkwasser-Zugangs in der Öffentlichkeit haben die Wasserversorger die Möglichkeit, die nachhaltige Gewinnung, die gute Qualität, ihr Bemühen im Ressourcenschutz und die Bedeutung des Trinkwassers zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Alltag bewusst zu machen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Wasserversorger im Hinblick auf die wirtschaftlichen Veröffentlichungspflichten?
Die Richtlinie schafft eine Transparenz für Kund:innen, wie sie für kein anderes Lebensmittel weltweit vorliegt. Nicht nur die Qualität, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmendaten sollen für die Verbraucher:innen jederzeit zugänglich werden. Dies ist eine große Herausforderung und Chance für die Branche, um die Nachhaltigkeit und die Bedeutung der Trinkwasserversorgung für die Lebensqualität erfahrbar zu machen. Trinkwasser ist Daseinsvorsorge und muss im Notfall Vorrang vor anderen Nutzungen haben. Der BDEW hat für die Umsetzung in Abstimmung mit dem BMG, dem UBA und den Wasserversorgern praxisnahe Module entwickelt, die diese Transparenz gewährleisten werden.
Wie kann die Umsetzung der Richtlinie unter Berücksichtigung von gesundheitlichen und wirtschaftlichen Aspekten Ihrer Meinung nach gelingen?
Die deutsche Wasserversorgung ist weltweit anerkannt und hat bisher die Weiterentwicklungen des europäischen und nationalen Trinkwasserrechtes hervorragend gemeistert. Die neue Richtlinie stellt die deutsche Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen, sie legt ein weltweit höchstes Niveau für Trinkwasser fest. Etliche der neuen Regelungen sind jedoch in Deutschland bereits „gängige“ Praxis. Für andere Regelungen wie die Risikobewertung, die Materialanforderungen und neue Parameter wie PFAS müssen gemeinsam mit der Europäischen Union Strategien für die Umsetzung entwickelt werden. Um dabei sozialverträgliche Kosten sicherzustellen, sollten kostenträchtige nationale Alleingänge und weitergehende Verschärfungen vermieden werden.
Vielen Dank für das Interview, Herr Weyand. Wir freuen uns schon auf Ihren Vortrag.